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People are strange
[zur Themenvorgabe "Fremder" fiel mir gleich das Lied von The Doors ein]



Manchmal schaue ich in den Spiegel und bin mir sogar selbst fremd. Wenn ich schon von meinen Eltern wie ein Fremder behandelt werde, ist es kaum verwunderlich, dass ich mich immer mehr wie ein Fremder im eigenen Haus fühle.

Jetzt haben sie sogar gedroht ihn anzuzeigen, wenn ich ihn noch mal wieder treffe. Anzeigen, so ein Unsinn, weswegen denn auch? Wofür soll er bestraft werden? Welches Verbrechen hat er begangen?
War es ein Verbrechen mich zu lieben?

Als ich ihn, nach der Drohung meiner Eltern, dass nächste mal wieder traf, hatte ich ein unheimlich schlechtes Gewissen. Ich hatte in der Bibliothek in einigen Büchern nachgeschlagen und war darauf gestoßen, dass sie ihn tatsächlich belangen konnten. Weil er über 18 Jahre war und ich war erst 16. Das hieß vor dem Gesetz Missbrauch. Zwar war ich kein Kind mehr, aber der Tatbestand war trotzdem gegeben, auch wenn ich dem zugestimmt hatte.
Ich erzählte ihm von meinen Sorgen, von der Drohung meiner Eltern und von meinen Recherchen aus der Bibliothek.
Er tat es ab und meinte, ich würde mir einfach zu viele Sorgen machen. Aber ich war mir sicher, dass sagte er nur um mich nicht weiter zu beunruhigen. Ich hatte unendlich viel Angst davor ihn zu verlieren. Wenn er nun ins Gefängnis musste...
Nicht auszudenken, dann war ich ganz allein und hatte den einzigen Menschen, der mich verstand und bei dem ich mich nicht fremd fühlte, verloren.

Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und seufzte tief. Da hatte ich endlich die Liebe meines Lebens gefunden und meine Eltern wollten ihn anzeigen. Und warum? Weil sie mich hassten! Sie hassten mich für das, was ich war, wie ich war und wen ich liebte.

Man sagt doch immer, jeder Topf findet seinen Deckel. Ich hatte meinen Deckel gefunden! Wieso konnte ich das alles nicht genauso meinen Eltern klar machen?
Sie vertrauten mir einfach nicht mehr, seit dem ich Angefangen hatte mit Jungs auszugehen.

Wenn ich nach Hause kam, wusste ich, wie sich ein Mensch, in einem ihm völlig fremden Land fühlen musste.
Er hatte mir zum Geburtstag eine CD von "The Doors" geschenkt, auf der war das Lied "People are strange". Ich spielte, diesen Song auf und ab, wenn ich mich in meinem Zimmer verkrochen hatte.
People are strange, when you're a stranger...
Das stimmte auch. Sehnsüchtig blickte ich zum Telefon, als es zu läuten begann, hörte ich wie unten einer abnahm. Ich war zu langsam gewesen.
"Wer? Der ist nicht da! Wiedersehn!", hörte ich meinen Vater sagen.
Mir war klar wer angerufen hatte. Ich stellte die Musik ab, zog meine Jacke über und öffnete das Fenster. Der Sprung bis auf die Garage war zu einer meiner leichtesten Übungen geworden, seit sie mir verboten hatten ihn zu sehen.
Von der Garage in den Vorgarten und im Laufschritt zur Bushaltestelle. Ich konnte es gar nicht erwarten ihn zu sehen!


vom 19 November 2001